Wilhelm
W E Y E R

Zeitungs-Artikel
aus: Siegener Zeitung 12 (149), 15. Januar 1971

Als Heimatforscher und Pädagoge große Verdienste erworben
Dr. Wilhelm Weyer wird 80 Jahre alt
— Zahlreiche grundlegende Veröffentlichungen —
Lebensabend in Berlin

Sohn von Adam Weyer
Bruder von Frieda Weyer
Bruder von Heinrich Weyer
Enkel von Johannes Peter
Vater von Heinrich Weyer

siehe auch:

Siegen, 15. Jan. Studienrat a. D. Dr. Wilhelm W e y e r, der seinen Lebensabend in Berlin, Spanische Allee 8, verbringt, vollendet heute sein 80. Lebensjahr. Der in Dreis-Tiefenbach geborene Jubilar stammt aus einer alten Siegerländer Familie und wußte als Pädagoge seinen reichen Schatz über Leben und Brauchtum seiner Heimat zu vermitteln. Dr. Weyer wirkte an vielen Gymnasien, u.a. auch im niederschlesischen Sprottau. Seine letzte Lehrtätigkeit war am Städtischen Gymnasium in Siegen. Von 1946 bis 1949 war er Leiter des Stadtarchivs, der städtischen Büchereien und des Museums des Siegerlandes. Im Jahre 1956 trat Dr. Weyer in den Ruhestand. Zeitweilig hielt er sich in Utting am Ammersee auf.

Im Jahre 1924 veröffentlichte er, damals in Laasphe ansässig, in der prachtvollen Festschrift „Siegen und das Siegerland“ einen grundlegenden Beitrag über die mundartliche Dichtung des Siegerlandes und ihren Hauptvertreter, Jakob Heinrich Schmick. Im nächsten Jahr behandelte er unter dem Titel "Laasphe und das obere Lahntal" die Grafschaft Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein in Vergangenheit und Gegenwart. Mit der Geschichte unseres Wittgensteiner Nachbarkreises beschäftigte sich Wilhelm Weyer auch in seiner der Universität Marburg zur Erlangung der philosophischen Doktorwürde vorgelegten Dissertation, die er 1927 unter dem Titel „Die Anfänge des preußischen Haus- und Polizeiministers Wilhelm Ludwig Georg zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein (1770—1806)“ im Druck erscheinen ließ. Für diese umfangreiche Arbeit konnte er Akten des Hausarchivs zu Wittgenstein, des inzwischen fast völlig verlorengegangenen Hausarchivs zu Berlin-Charlottenburg, des Geheimen Staatsarchivs zu Berlin und des zu München benutzen

Durch gründliche Benutzung der archivarischen Quellen unter Heranziehung der in Wien noch erhaltengebliebenen Akten des alten Deutschen Reiches habt sich auch der Beitrag heraus, den unser Jubilar 1961 zur Geschichte der so weitgehend mit dem Siegerland verbundenen Familie Fender geliefert hat.

Auf eigenes Erleben und auf die heimische Überlieferung griff er in beispielhafter Weise für seine im Jahre 1953 in der Reihe der "Siegerländer Beiträge zur Geschichte und Landeskunde" herausgekommenen Schrift “Leben und Gebräuche im Netpherland um 1900“ zurück. Es gibt in Westfalen kaum eine andere Landschaft, die eine so erschöpfende Darstellung ihrer volkskundlichen Besonderheiten um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erhalten hätte, wie sie das Netpherland Dr. Weyer verdankt. Mit der Vergangenheit seiner Heimat beschäftigte sich Wilhelm Weyer auch in der "Geschichte des Netpherlandes", die 1967 vom damaligen Amt Netphen verlegt wurde.


Der Siegerländer Bildhauer Hermann Kuhmichel
modellierte vor zehn Jahren das hier abgebildete Porträtrelief.

Von weiteren Veröffentlichungen ist im Lebenswerk des nunmehr Achtzigjährigen neben zahlreichen Beiträgen zu Zeitschriften und Sammelwerken der Museumskalender zu nennen, den er in den Jahren 1953 bis 1957 jährlich in Verbindung mit dem Museum des Siegerlandes für den Verein der Freunde und Förderer des Museums herausgab. Dieser zeitweilig in großer Auflage erschienene Kalender ermöglichte eigentlich erst dem das Museum fördernden Verein sein erfolgreiches Wirken. Mit Recht erfuhr der Begründer und erste Herausgeber dieses im Siegerland weitverbreiteten Kalenders, der sich schon durch frühere Veröffentlichungen einen Namen gemacht hatte, eine besondere Ehrung durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes im November 1958.

Die Wirksamkeit, die Dr. Weyer als Vorstandsmitglied des Siegerländer Heimatvereins wie als Geschäftsführer des Vereins der Freunde und Förderer des Museums des Siegerlandes entfaltet hat, ist in der Geschichte des Museums nicht wegzudenken. Seinen Bemühungen ist es im wesentlichen zu verdanken, daß eines der bedeutendsten Stücke dieser Sammlung, die von Peter Paul Rubens gemalte „Caritas Romana“ nach Siegen gelangt ist.

Mit besonderem Eifer nahm Wilhelm Weyer sich auch des Schaffens der im Siegerland wirkenden Künstler an. Einer von ihnen, der nun schon von uns gegangene Hermann Kuhmichel, schuf vor einem Jahrzehnt das hier abgebildete Porträtrelief Dr. Weyers.

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