Johann Peter
W E Y E R

Artikel
aus: Franz-Josef Heyen (Hrsg.):
Rheinische Lebensbilder, Band 13, Köln 1993, S. 115—136

Johann Peter Weyer

(1794—1864)

Von Konrad Adenauer

… Weyer sorgte gut für das Fortkommen seiner Kinder. Sein Sohn Philipp, zuletzt Landgerichtspräsident in Aachen, heiratete Sibilla Franziska Maria Hubertine Essingh, Tochter des Kunstsammlers Karl Theodor Essingh und seiner Ehefrau Elise Hubertine Seydlitz (Bankhaus Seydlitz & Merkens). Weyers schon 1884 verstorbener Sohn Emanuel war lange Jahre Subdirektor, schließlich für kurze Zeit alleiniger Direktor der von seinem Vater mitinitiierten Kölnischen Rückversicherungsgesellschaft. Er heiratete Emilie Wallraf (1849—1911), Enkelin des Generalprokurators Franz Xaver Berghaus (1783—1869) und Schwester des späteren Kölner Oberbürgermeisters Max Wallraf (1859—1941). Aus dieser Ehe ging unter anderem die Tochter Emma Weyer (1880—1916) hervor, die erste Frau des späteren Kölner Oberbürgermeisters und deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer (1876—1967).

Weyers Tochter Adele heiratete den Advokatanwalt Theodor Heinrich Esser II (1832—1885), dessen Vater Ferdinand Joseph Esser (1802—1871) und dessen Bruder Robert Josef Esser (1833—1920) ebenfalls Rechtsanwälte und Präsidenten des Zentral-Dombauvereins in Köln waren.

Weyer starb am 25. August 1864 im Alter von 70 Jahren. Auf seinem Totenzettel heißt es: Seine strenge Rechtlichkeit, seine unermüdliche Thätigkeit, sein reger Eifer für Kunst und Wissenschaft, seine Frömmigkeit und Herzensgüte sichern ihm ein bleibendes und ehrenvolles Andenken.

siehe auch:
Aufsatz von Konrad Adenauer
Gemäldesammlung
Hermann (Neffe)
Kölner Stadtbaumeister
Lexikonartikel
Öffentliche Plätze
Sammlung öffentlicher Plätze

Bild · Öl auf Leinwand
aus dem Wallraf-Richartz-Museum • Foto von R. Weyer, 05.01.23



Johann Peter Weyer war ein Förderer des Museums

MÄNNERFREUNDSCHAFTEN

Bester Freund, was ist das Herz des Menschen! Dich zu verlassen, den ich so liebe, von dem ich unzertrennlich war...“, so klingt die Romantik in Briefen, die sich Männer schrieben. Eine malerische Umsetzung von Männerfreundschaft finden wir im Doppelportrait des Malers Carl Begas und dem späteren Kölner Stadtbaumeister Johann Peter Weyer, welches der junge Künstler der Familie Weyer zum Andenken vor dem Aufbruch der beiden Freunde zu einem Studienaufenthalt in Paris gemalt hatte. Das Gemälde steht in der Tradition von „Freundschaftsbildern“, wie sie seit der Renaissance beliebt waren.

Carl Begas d.Ä.
Heinsberg 1794–1854 Berlin
Selbstbildnis mit Johann Peter Weyer, 1813
Wallraf-Richartz-Museum

In s/w ist das Gemälde
Titel des Schutzumschlags von:
Friedrich August Wagner:
Lob der Freundschaft, Heidelberg 1959

Artikel, in:
Thesy Teplitzky
Kölner Portäts, Köln 2015, S. 155ff

Carl Begas
und
Johann Peter Weyer
Ein Freundschaftsbildnis der Romantik

Als der achtzehnjährige Maler Carl Joseph Begas 1813 zusammen mit seinem gleichaltrigen Freund Johann Peter Weyer, der Architekt werden wollte, zum Kunststudium nach Paris ging, standen beide am Beginn einer erfolgreichen Karriere. Begas sollte zu einem der führenden Porträtisten des Berliner Biedermeier und zum Hofmaler des preußischen Königshauses aufsteigen, Weyer zum Kölner Stadtbaumeister und zu dem im 19. Jahrhundert nach Wallraf bedeutendsten Kunstsammler der Stadt. Im Herbst des Jahres 1813 porträtierte Begas sich und Weyer in einem Doppelbildnis.

Carl Begas hat den Freund im Vordergrund positioniert und ihn mit Attributen seines künftigen Berufs ausgestattet: Messzirkel, Grundrissplan und einem auf der Steinbrüstung liegenden korinthischen Kapitell. Er selber zeigt sich dahinter vor der Staffelei mit Palette und Pinsel in Händen, der Kopf erscheint vor einer Landschaft im Abendlicht, die im Mauerausschnitt sichtbar ist. Weyer hat den Blick nach rechts in eine unbestimmte Feme gerichtet und scheint in Zukunftsvisionen gefangen, Begas sieht als der Maler nach alter Tradition aus dem Bild heraus. Die Freunde befinden sich im Atelier, darauf lassen außer der Staffelei des Malers und Weyers Arbeitsutensilien auch die Teile von Gipsabdrücken schließen, die auf dem Regal an der Rückwand zu sehen sind; es handelt sich aber offenbar um ein Phantasieatelier. Der Bildraum ist nicht klar definiert, zwischen der Steinbrüstung im Vordergrund und der Hintergrundwand bleibt nur wenig Platz. [...]

Johann Peter Weyer, der Jugendfreund von Carl Begas, setzte seine Ausbildung an der Ecole des Beaux-Arts nach einer relativ kurzen gemeinsamen Zeit mit Begas im Atelier von Antoine-Jean Gros bei dem Architekten Jean-Baptiste Dedeban fort. Die Pariser Schule prägte seinen Stil; viele seiner später in Köln realisierten Bauten – die alle nicht erhalten sind – orientierten sich am französischen Klassizismus. Schon 1816 kehrte Weyer nach Köln zurück und erhielt eine Anstellung als Assistent des Stadtbaumeisters Peter Schmitz, dem er nach dessen Tod 1822 im Amt nachfolgte.

Der junge Stadtbaumeister entstammte einer wohlhabenden Kölner Kaufmannsfamilie; sein Vater, Heinrich Josef Weyer, war unter anderem im Immobiliengeschäft erfolgreich. Konrad Adenauer (1993) schreibt dazu:

Heinrich Josef Weyer gehörte zu den größten Käufern von Grundgütern der Kölner geistlichen Institutionen im Zuge der Säkularisation. Er war der viertgrößte Erwerber von Grundbesitz. Auf der Liste derjenigen Makler, die die meisten Grundstücksgeschäfte vermittelt haben, taucht Heinrich Josef an sechster Stelle auf.

Wie schon sein Vater bekleidete Josef Heinrich führende Ämter in der Kölner Stadtverwaltung und konnte damit sicher auch auf die Ernennung seines Sohnes zum Stadtbaumeister Einfluss nehmen. Dem war ein höchst verantwortungsvolles Amt mit vielen Zuständigkeiten anvertraut, die Konrad Adenauer ausführlich darlegt:

Zu seinen Aufgaben gehörte die Aufsicht über alle der Stadt gehörenden Gebäude, Werften, Häfen, Straßenpflaster, Kanäle, Bäche und Brandgeräte, die Neuausführung sowie die Reparatur der städtischen Gebäude und die Kontrolle der dabei verwendeten Materialien. [...] Ihm oblag die Bauaufsicht über alle privaten Neubauten und die Pflicht, dazu notfalls Gutachten anzufertigen. Die Schlußabnahme hatte er persönlich durchzuführen. [...] Der Stadtbaumeister vereinigte in seiner Person auch das Amt des Chefs der Arbeitercompagnie im Rahmen des Freiwilligen Dienstes des Pompiers-Corps der Stadt Cöln gemäß der Brandordnung und hatte als solcher sämtliche Einrichtungen der städtischen Feuerwehr in brauchbarem Stand zu erhalten.

In seiner Dienstzeit bis 1844, als er das Amt des Stadtbaumeisters niederlegte, um sich Privatgeschäften zu widmen, gelang es Johann Peter Weyer, die Stadt, die sich überwiegend in erbärmlichem Zustand befand, umfassend zu modernisieren. Unter seiner Leitung wurde die Bautätigkeit intensiv gefordert, marode Bausubstanz saniert, Kanalisation gelegt, Straßen gepflastert und verbreitert, Straßenführungen verbessert; es entstanden Grünanlagen, großzügige Plätze und neue Straßenzüge. Besondere Sorgfalt widmete Weyer allen Arbeiten zum Denkmalschutz.

Durch die Maklertätigkeit des Vaters bereits froh mit Immobiliengeschäften vertraut, konnte Johann Peter Weyer durch Bau- und Bodenspekulationen schon bald ein beachtliches Vermögen erwerben, das er zum großen Teil in seine Kunstsammlung investierte. Angrenzend an sein Wohnhaus am Rotgerberbach errichtete er in den Jahren von 1836 bis 1846 ein eigenes Galeriehaus, in das er seine umfangreiche und vielseitige Sammlung, die zuletzt auf über 500 Exponate, hauptsächlich Gemälde, angewachsen war, ausstellte und der Öffentlichkeit kostenlos zugänglich machte. Die Privatgalerie fand auch überregional Interesse und Anerkennung, sie wurde in Reiseführern, darunter dem Baedeker, beschrieben und in der Fachliteratur der Zeit besprochen. Aufgeführt waren altdeutsche, vor allem altkölnische sowie altniederländische Meister – unter ihnen Jan van Eyck, Rogier van der Weyden, Hans Memling, Hugo van der Goes –, italienische Maler des 15. und 16. Jahrhunderts – darunter Giorgione und Ludovico Carracci – und Niederländer des 17. Jahrhunderts, die anscheinend besonders gut und zahlreich vertreten waren. Franz Kugler, renommierter Historiker und Kunsthistoriker des 19. Jahrhunderts, besichtigte 1841 während einer Rheinreise Weyers Gemäldesammlung, der er Bedeutung attestierte; er hob speziell die Qualität der Niederländer des 17. Jahrhunderts hervor. [...]

Weyer hatte die Absicht, der Stadt Köln seine Gemäldesammlung zu vermachen, die eine wertvolle Ergänzung der Bestände des 1861 eröffneten Wallraf­Richartz-Museums bedeutet hätte, doch konnte er den Plan nicht realisieren. Er verspekulierte sich bei seinen Immobiliengeschäften und war 1862 gezwungen, die Sammlung zu verkaufen; sie wurde vom 25. bis 30. August des Jahres von der Firma J. M. Heberle (H. Lempertz) – heute Kunsthaus Lempertz – in Weyers Haus versteigert.

Horst Vey versuchte 1966 mit sorgfältigen Recherchen zu rekonstruieren, welche Gemälde sich tatsächlich in der Sammlung Weyer befunden hatten, was sich jedoch als nur noch partiell möglich erwies. Zwar gab Weyer 1852 und 1859 Kataloge der Sammlung heraus, außerdem stehen der Versteigerungskatalog von 1862 sowie Nachzeichnungen von fast 300 Gemälden zur Verfügung, kleinformatige Bleistiftzeichnungen auf weißem Papier, die Weyer anfertigen ließ. Doch zu häufig wechselten seither die Eigentümer, und ebenso erschweren zahlreiche in der Zwischenzeit geänderte Zuschreibungen und Bildtitel die Identifizierung. Zuverlässig zurückverfolgen lassen sich fast nur noch die Bilder, die gleich für Museen gekauft wurden und sich heute noch dort befinden, so im damals eben gegründeten Warschauer Museum und in den Nationalgalerien in Brüssel und London.

Die Versteigerung der vielseitigen Sammlung Weyer hätte der Stadt Köln eine denkbar günstige Gelegenheit geboten, wertvolle Stücke für das Wallraf-Richartz­Museum zu erwerben, das zwar mit Altkölner Malerei aus dem Besitz ihrer durch die Säkularisation leergeräumten Kirchen und Klöster gut ausgestattet war, aus anderen Bereichen, vor allem den bei Weyer offenbar reich vertretenen niederländischen Schulen, aber fast nichts besaß. Leider und völlig unverständlicherweise zeigte die Stadt an Weyers Schätzen jedoch keinerlei Interesse, obwohl für die Finanzierung der sogenannte Richartz-Fonds verfügbar gewesen wäre, nämlich die Zinsen einer von Johann Heinrich Richartz gestifteten Summe, die speziell zum Ankauf von Gemälden für das Wallraf-Richartz-Museum bestimmt waren.

Horst Vey (1966) schreibt dazu: »Alles Hochgefühl, das die Einweihung des städtischen Museums im Vorjahre und die endgültige Eröffnung wenige Monate vor der Versteigerung erregt hatten, war bei der Stadtverwaltung ebenso wie bei den möglichen Mäzenen und Sammlern in Köln offensichtlich der Sparsamkeit und Selbstgenügsamkeit gewichen.«

Die Stadt interessierte sich nur für ein einziges Spitzenstück der Sammlung, Die Heilige Familie von Rubens, und das wohl hauptsächlich deshalb, weil Köln zu der Zeit noch für die Geburtsstadt des Malers gehalten wurde. Weyer verzichtete auf die bei Heberle für das Bild gebotenen 7000 Taler und überließ seinen Rubens dem Museum für 5000 Taler, die Höchstsumme, welche die Stadt dafür aus dem Richartz-Fonds zu bezahlen bereit war.

Nach Weyers Katalog von 1852 befand sich Die Heilige Familie zuvor in der Sammlung von Everhard IV. Jabach, gehörte danach dessen Schwager, dem Kölner Bürgermeister Heinrich de Groote (vgl. S. 110), und blieb weiter im Besitz der Familie, aus dem Weyer das Bild 1833 erwarb. Nach dem Ankauf für das Wallraf­Richartz-Museum glaubten einige vermeintliche Kenner, Zweifel an der Authentizität des Werkes äußern zu müssen, die Weyer begreiflicherweise sehr verletzten, auch wenn sie sich nicht aufrechterhalten ließen.

«Alle Persönlichkeiten haben Ähnlichkeit mit der Familie des Malers», vermerkt Weyer in seinem Katalog von 1852, eine Meinung, die auch spätere Autoren vertreten und die Vergleiche mit Porträts bestätigen. Auffällig ist vor allem die Übereinstimmung der Gesichter und Posen von Maria und Jesuskind mit denen von Helene Fourmem und ihrem Sohn Frans. Das Porträt der Mutter mit dem nackten Sohn lässt seinerseits an eine Madonna mit Kind denken, wobei allerdings der mit dem Hut der Mutter korrespondierende Federhut des Knaben dieser Assoziation eine witzige Pointe entgegensetzt.

Eine zweite Ehefrau Helene Fourment, die Rubens 1630 als Sechzehnjährige geheiratet hatte, porträtierte er in zahlreichen religiösen und mythologischen Darstellungen; so erscheint sie als Bathseba, heilige Cäcilie und Andromeda. Sie war siebenunddreißig Jahre jünger als Rubens, und er bewunderte ihre Schönheit. Der heilige Joseph, der hinter den Frauen und Kindern wie schützend seine Arme ausbreitet, trägt die Züge des Malers.

Über einen Umweg kam kurz nach der Versteigerung bei Heberle noch ein zweites Bild der Sammlung Weyer ins Wallraf-Richartz-Museum, eine spät­mittelalterliche Tafel aus der Pfarrkirche St. Kolumba, das Fürbittebild eines Kanonikers, heute dem Meister der Heiligen Sippe zugeschrieben. Der Maler Johann Anton Ramboux, damaliger Direktor des Museums, hatte versucht, die Tafel auf eigene Rechnung zu ersteigern, um sie vorerst festzuhalten, doch überbot ihn der Freiherr von Twickel zu Lütkenhove. Als der Freiherr erfuhr, dass Ramboux am Erwerb der Tafel so dringend interessiert war, erklärte er sich bereit, sie dem Museum zu dem von ihm gezahlten Preis zu überlassen. Ramboux konnte die Stadtverordneten für den Ankauf gewinnen, der ebenfalls aus dem Richartz­Fonds bezahlt wurde.

Das Fürbittebild, das nach 1855 in die Sammlung Weyer gelangte, stammt aus der Pfarrkirche St. Kolumba. In der oberen Bildzone erscheint in einer Aureole als Vision des Himmels Gottvater mit kostbarem Chormantel und Tiara auf dem von Engeln umschwebten Thron unter einem prächtigen Zeltbaldachin; die Rechte ist zum Segensgestus erhoben, die Linke hält Zepter und gläserne Weltkugel. Vor Gottvaters Thron stehen Christus und Maria als Fürbitter des Stifters, Christus weist auf seine Wundmale, die Zeichen des Erlösungswerks, Maria zeigt ihre Brust, an der sie Christus genährt hat. In der weltlichen Zone darunter kniet der als Kanoniker dargestellte Stifter mit seinen Patronen – denen gegenüber er bescheiden den Bedeutungsmaßstab einhält – als kleine Figur am vorderen Bildrand. Er trägt einen weißen Chorherrenmantel über schwarzem Talar; die über den Arm gelegte Pelzstola, die Almutia, ist das Standeszeichen des Kanonikers.

Johann Peter Weyer überlebte den Verlust seiner Sammlung nur zwei Jahre; er starb am 25. August 1864, wenige Monate nach seinem 70. Geburtstag. Seine Enkelin Emma Weyer (1880–1916) heiratete 1904 den zukünftigen Kölner Oberbürgermeister und späteren deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer.

Freundschaftsbildnisse wie das Doppelporträt, in dem sich Carl Begas zusammen mit Johann Peter Weyer zu Beginn der gemeinsamen Studienzeit in Paris dargestellt hat, werden im 19. Jahrhundert überaus beliebt; es gibt kaum einen Künstler der Epoche, der sich nicht zusammen mit Freunden ins Bild gebracht hat. Im Zeitalter der Romantik hat die Freundschaft einen hohen Stellenwert; die Gefühlsbindung gleichrangiger und gleichgesinnter Freunde prägt die Doppel­oder Gruppenporträts. Es sind private Bildnisse mit einem persönlichen Umfeld, wie dem Atelier von Carl Begas und Johann Peter Weyer.

(c) www.weyeriana.de · Letzte Änderung: 17. Januar 2023